Die Leben spendende Tanne; Abies alba und Picea abis
In unseren Breitengraden finden wir hauptsächlich zwei Tannenarten, die Weisstanne (Abies alba) und die Rottanne auch Fichte genannt (Picea abis). Beide gehören zu der Familie der Kiefergewächse.
Der Name der Tanne kann aus dem altgermanischen Wort „tan“ was soviel wie Feuer bedeutet, abgeleitet werden. Feuer ist der Inbegriff von Wärme und Leben. Diese Deutung des Namens benennt das Wesen der Tanne bereits trefflich.
Die Rottanne und die Weisstanne
Nadelbäume sind urgeschichtlich bedeutend älter als Laubbäume und bestehen in harten kalten klimatischen Bedingungen wesentlich besser als Laubbäume. In Anbetracht, dass das Erdenklima mehrheitlich aus Eiszeiten besteht, sind dies durchaus vorteilhafte Eigenschaften.
Die wesentlichen äusseren Unterscheidungsmerkmale der beiden Tannen sind die Zapfenstellung, die Anordnung der Nadeln und deren Farbe. Die Zapfen der Rottannen hängen nach unten und werden im Herbst nach dem Samenflug abgeworfen. Bei der Weisstanne wachsen die Zapfen nach oben und bleiben nach dem Samenflug im Herbst und Winter stehen. Meist sieht man dann nur noch die nackte Spindel stehen. Die Verteilung der Nadeln bei der Fichte ist rings um die Äste im Gegensatz zur Weisstanne, wo die Nadeln eher seitlich und flach heranwachsen. Wohl das auffälligste Merkmal ist die Farbe der Weisstanne. Die Unterseite der Weisstannennadeln haben zwei helle Striche und lassen von weitem die Unterseite der Äste in einem hellen milchigen Grün erscheinen.
Die Rottanne ist schnell wachsend und wurde vor fast 300 hundert Jahren in das klimafremde Tiefland verpflanzt. Die wirtschaftlich Nutzung neben Brennholz waren Kienspäne, die als Anfeuerholz und hauptsächlich als Fackeln dienten sowie Bauholz, bestehend aus Balken, Latten, Täfelung und Schindeln für Dach und Wand. Selbst als Schiffmast diente die Tanne. Aus dem Harz wurde früher Terpentin und Pech gewonnen, die als Brenn-, Lösungs- und Dichtungsmittel überall Verwendung fanden.
Vom Wesen der Tanne
Die Tannen sind keine Einzelgänger, vielmehr sind sie eine Gemeinschaft, welche sich in ihrem artgerechten Klima weit ausbreiten kann. Sie agieren zusammen trotz unterschiedlichem Alter, ihr Gruppengeist verbindet sie. Die jeweilige Blütezeit treten die Tannen in ganzen Regionen gemeinsam an. Die Geschlechtsreife erlangen die Tannen zwischen 30 und 40 Jahren und von da an finden sich die Bäume alle 3-7 Jahre in ihrem Blütenrausch. Natürliche, vom Alter durchwachsene Tannenwälder haben eine warme, stille, Geborgenheit verströmende und erhabene Ausstrahlung. Der Duft in diesen Wäldern belebt, öffnet die Seele und lässt tief durchatmen. Tannen können bis zu 500 Jahre alt werden und wer sich am Stamm eines solchen Baumes niederlässt und die Nähe zulässt, verspürt die wohltuende und sanfte Geborgenheit, die er verströmt.
Die Tannen sind in ihrem Wesen sehr zentriert, ihr Stamm wächst gerade und sehr hoch, ihr eigentlicher Schatz verbirgt sie im Innern, ihr Harz. Von Oben betrachtet gleicht der Aufbau einem Schneekristall. Auch die Winkel der Äste und der Nadeln, die zu festen länglichen und kantigen verdichteten Blättern (Nadeln) geformt sind, erinnern mehr an hoch zentrierte und geometrische Mineralien als an luftige Baumgestalten. Die Tannzapfen, die sich in vielen kreuzenden, im goldigen Schnitt verlaufenden Spiralen verjüngen, gehören zum Saturnsprinzip. Saturn ist der äusserste Planet in unserem Sonnensystem und steht für Abgrenzung und zeigt von der Gestaltalstronomie her gesehen eine geometrische Stern-Figur mit klaren Unterteilungen. Nach Rudolf Steiner ist der Saturn die alte Sonne und erzeugt neben der Verdichtung und Abgrenzung die zu verspürende Wärme.
Der magische Einfluss der Tanne
Die vor Lebenskraft sprühende Tanne mit ihrem warmen würzigen Duft, war Mittel gegen die krankmachenden Geister und Symbol des Lebens schlechthin; als Maibaum, Weihnachtsbaum und als Baum der Dachstuhl-Aufrichte. In der Innerschweiz wird für ein neu geborenes Kind jeweils eine Tanne im Garten mit dem Namen des Schützlings darauf aufgerichtet. Dies als Zeichen der Geburt und zugleich wird das Kind dem Schutz der Tanne empfohlen. Früher wurden Bettgestelle/ Bettkammern und die Täfelung der Stube oft aus Tannenholz erstellt – mit dem Geister abwehrenden Holz wurde so der Seelenfrieden im Heim und im Schlaf gesichert. Immer wieder trifft man in ländlichen Gegenden noch die Marien-Tannen an. Es sind magische Bäume die man mit der Marienweihung legalisierte. Auch holten sich die Frauen bei den heiligen Tannen, den Tititannen ihre Kinderseelen ab. Die Tannensamen galten auch als Totenspeise, man legte den Verstorbenen die Samen in den Mund, damit ihre Seele in Baumgestalt auferstehen konnte. Der immergrüne Baum galt als Symbol des ewigen lebens und der Wiedergeburt. Der Grüne Mann in den Perchtumzügen ist den auch in Tannenreisig gekleidet und der gute Waldgeist lebt heute in der Weihnachtstanne weiter. Alte Mythen besagen, dass der König des Waldes in den uralten Tannen seinen Sitz nimmt, es ist niemand geringeres als Pan selbst. Sein Zeichen ist eine entwurzelte Tanne die er mit den Wurzeln nach oben trägt. Ein Abbild davon findet man beim Wilde Mann aus Basel, der segenspendend den Rhein hinunter geschifft wird.
Wohltuend ist die Tanne für Körper, Geist und Seele
Das Symbol des Lebens
Tanne wirkt beruhigen und nervenstärkend. Tee aus Tannennadeln wird bei Erkältungen und Husten getrunken und er hat zudem eine leicht desinfizierende Wirkung. Tanne wird äusserlich bei rheumatischen Entzündungen, Gicht und Hauterkrankungen angewendet, ihre durchblutungsfördernde Wirkung ist gerade bei Entzündungen gefragt. Diese Eigenschaft findet auch in kosmetischen Salben Verwendung. Tannensalbe ist für trockene Haut eine Wohltat.
Die Räucherung wirkt generell stärken, macht mutig und physisch Widerstandsfähig. Sie hat starke reinigende Wirkung, im Innen und Aussen. Die Tanne kann für jede Räucherung verwendet werden. Früher wurde das reine Tannenharz auch als Ersatz für Weihrauch verwendet.
Bilder © Fotolia