Von der Birke der nordischen Schamanen
Dieser Baum und seine Familie, auf Lateinisch Betulaceae, bevölkert seit vielen Jahrtausenden Nordamerika, Europa und Asien und ist mindestens mit 50 Arten in diesen Erdteilen vertreten. Bei uns ist vor allem die Hängebirke vertreten. Die Birke hat fast unglaubliche Eigenschaften, man möchte meinen sie ist der Baum des Lebens. Ich möchte den Mund nicht zu voll nehmen, jedoch so weit sind wir in gewisser Weisen nicht davon entfernt. Im nördlichen Schamanismus wird zumeist für den Schamanenflug eine Birke erklettert, die zugleich stellvertretend für nicht weniger als den Weltenbaum steht. Seine Trommel fertigt die Schamanin oder Schamane aus Birkenholz, welches bei der Initiation durch göttliche Wesen erworben wurde. Sie dient als Boot oder Reitpferd im mystischen Flug. Weit verbreitet ist auch der Stab mit einem geschnitzten Pferdekopf, der seinen Reiter in die anderen Welten bringt. In unseren Breitengraden ist die Überlieferung des Birkenreis oder des Besens aus Birkenreis noch wach, dieser kehrt die schlechten Geister aus. Vom Birkenbesen zum Hexenflug ist es nicht sehr weit und in der Tat spiegeln einige alte Hexengeschichten schamanische Initiationsriten wieder.
Doch nun zurück zur uns wohl gesonnenen Birke und ihren vorzüglichen Eigenschaften. Ökologisch gesehen ist sie der Baum, der das Terrain für die Urbanisierung der nachfolgenden Natur ebnet. Sie verträgt Staunässe, wächst also in Feuchtgebieten und Mooren, andersrum ist sie äusserst genügsam und gedeiht auch auf felsigem trockenem Untergrund. Damit wirkt sie der Erosion entgegen und Humus kann sich bilden und die weniger genügsame und schutzbedürftigere Natur kann Fuss fassen. Eine ausgewachsene Birke verdunstet an einem Sommertag gut und gerne mal 80 Liter Wasser und ein ganzer Birkenwald das Zichfache, damit werden Tundra und Moore für andere Baum- und Pflanzenarten über die Zeit zugänglich. Zugegeben diese Eigenschaften sind im Moment weniger gefragt, doch nach jeweiligen Eiszeiten und diese Zeiten herrschen überwiegend auf dieser Erde, also beim Abschmelzen der Gletschermassen und in deren Randzonen steht das Land halbwegs unter Wasser und es gibt kaum eine Vegetation in diesen Gebieten. Dazu ist zu sagen, dass die Birke sehr kälteunempfindlich und in jeder Hinsicht ein Pionierbaum ist. Flechten und Pilze gehen gerne mit diesem Baum eine Symbiose ein und je nach Standort werden die Bäume von mehreren Hundert verschiedenen Insektenarten bevölkert. Dies zieht wiederum eine grössere Anzahl von Vogelarten an aber auch die Samen werden von mehreren Dutzend Vogelarten als Nahrungsgrundlage geschätzt. Die Birke ist so zusagen ein kleines Biotop oder eine Welt für sich!
Die Birke ein Weltenbaum
Damit könnte man es ja belassen – weit gefehlt! Den dieser Venus-Baum verströmt nicht nur mit seinem geschmeidigen, leichten und hellen Anblick seinen Zauber, er zaubert noch ganz andere Wunderwerke hervor. Ich bin immer wieder erstaunt, wie einzelne Pflanzenfamilien und einzelne Gattungen sich den Bedürfnissen der Menschen weit entgegen lehnen.
Die Rinde der Birke ist so ein Wunderwerk!
Auf Grund ihres hohen Gehalts an ätherischen Oelen, kann sie frisch zum Feuer machen gebrauchen werden, ein fast unglaublicher Vorteil den unsere Vorfahren sicherlich sehr zu schätzen wussten. Doch das ist noch längst nicht alles. Die Rinde ist sehr zäh, wasserdicht und antiseptisch, wirkt also gegen Fäulnis, Eigenschaften die für Lebensmittelbehälter optimal sind und genutzt wurden. Die wasserdichte Rinde wurde auch als widerstandsfähige Dachschindeln oder gar bei nordamerikanischen Indianerstämmen zum Bau von Kanus verwendet. Und noch ein Wunder, aus der Rinde wurde ein Birkenpech gewonnen, welches zum abdichten und kleben verwenden wurden, der ultimative wasserfeste Einkomponentenkleber, die ältesten Funde dazu gehen 200’000 Jahre zurück! Und kulinarisch hat sie auch was drauf und nicht nur die Rinde. Ein Teil der Rinde lässt sich wie Teigwaren kochen und sozusagen als Grundnahrungsmittel oder Getreideersatz verwenden. Auch die Knospen und die jungen Blätter sind absolut essbar Bspw. als Salat, gemischt mit ein paar Wildkräutern – das wäre doch was! Aus den Knospen und Blätter wurde zudem auch ein Oel gepresst und man staune, der zuckerhaltige Birkensaft ist trinkbar und hatte vergoren als Birken-Bier oder gar als Birken-Champagner Einzug in die gehobene Gesellschaft High Society. Die Birke ist sozusagen eine vollwertige Ernährungspflanze – mindestens wäre es im Frühling möglich. Mit diesem kulinarischen Höhenflug landen wir nun schon fast profan im medizinischen Distrikt.
Zuvor noch ein Hinweis vom Beauty-Land, hunderte von Hektoliter Birkensaft fliessen als Grundstoff, Emulgator und zukünftiges Haarwasser in diesen Bereich zur Verarbeitung.
Nun noch die medizinischen Eigenschaften.
Da steht die Birke für Blutreinigung, Stoffwechselanregung, Harntreiber und als Wundheilmittel. Eigenschaften, die nach längerer einseitiger Ernährung oder gar nach Fastenzeiten unseren Körper wieder in Schwung bringen. Die harntreibende und blutreinigende Wirkung findet vor allem seine Verwendung bei rheumatischen und Gicht -Erkrankungen, aber auch bei Nieren-, Blasen- und etwaigen Hautproblemen. Verwendet werden hauptsächlich die Knospen und Blätter, der Birkensaft hat zusätzlich wundheilende Wirkungen und wird entsprechend bei Verletzungen eingesetzt. Die Rinde enthält Wirkstoffe, die entzündungs- und Tumor hemmend sowie antiviral wirken.
Die Birke ist einer der ersten Baumarten, die im Frühling wieder in ihr grünes Kleid schlüpfen und sie ist der Baum der mit dem Birgit -Tag oder der Maria-Lichtmesse am 2. Februar in Verbindung steht. Der Tag der die Wende der «Dunklen oder der Erdkräfte» markiert. Es ist der Tag, wo symbolisch der Saftfluss in den Bäumen wieder ins fliessen kommt und die Natur beginnt sich wieder nach aussen zu orientieren. Birgit oder Brigitte ist eine Namensableitung natürlich aus der Birke.
Ja, ich meine man kann wirklich behaupten, dass die Birke ganz schön starke Eigenschaften hat!
Da verwundert es nicht das ein solcher Lebensbaum gerne als Liebesbezeugung der Liebsten in den Garten gestellt wird, oder zum Aufrichtfest eine Birke als Lebenssymbol auf dem neuen Dachstuhl thront oder gar zum ersten Mai auf dem Dorf oder Marktplatz eine bunt geschmückte Birke steht.
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