Der Wacholder
Den Menschen seit jeher Wohlgesonnen und doch ein knorriger Geselle
Der lateinischer Name des gewöhnlichen Wacholders lautet Juniperus communis und leitet sich wahrscheinlich von der Göttermutter Juno ab, die angeblich die Beeren des Strauches so liebte. Der deutsche Name «Wacholder» ist deutlich interessanter, hat er doch mit der Lebendigkeit des Baumes zu tun, im weitesten Sinne auch mit der Seelenwanderung. Der Wacholder hat unglaublich viele volkstümliche Namen, die sich auf die bevorzugten Standorte, auf das Räuchern, auf den Beeren-Schnaps (Kranewitt, Gin usw.), auf seine Heilwirkungen oder seine mystischen Seiten beziehen. Er ist ein Strauch oder Baum, der in der ganzen gemässigten Klimazone der Welt zu finden ist.
Der gemeine Wacholder ist ein Pionierbaum und gedeiht an „kargen“ Orten wie Steppen, humusarmen Böden aber auch in Heiden und Mooren. Einzig stehendes Wasser bekommt ihm nicht und er braucht viel Licht.Er ist demzufolge sehr anpassungsfähig und erträgt Trockenheit wie auch saure Böden. In den alpinen Gebieten taucht er als niedrig wachsender Strauch auf. Die Gattung heisst Juniperus alpina oder einfach Zwergwacholder.
Seine jungen Triebe sind dreikantig und die spitzen und stechenden Nadeln sind quirlig jeweils zu dritt um den Ast angeordnet. Die Nadeln weisen auf der Oberseite einen hellen Streifen auf. Seine Wuchsform ist unterschiedlich aufrecht, von zerzaust bis säulenartig. Der heimische Wacholder ist zweihäusig, es gibt also weibliche und männliche Bäume.
Der Lebensbaum
Sein starker und angenehmer Duft, sowohl des Holzes, des Harzes, wie der Nadeln und seiner Früchte, liessen ihn in allen Kulturen ein hohes Ansehen geniessen. Die Gattung der Wacholderbäume, die gegenüber richtigen Bäumen eher kleinwüchsig sind, wurde überall in seiner Verbreitungszone genutzt und verehrt. Sein würziger Geruch hat klärende Eigenschaften und er wurde seit tausenden von Jahren zum Räuchern und als magisches Zaubermittel verwendet. Der Baum ist im Charakter als zäh und ausdauernd und äusserst lebensbejahend zu beschreiben. Abgebrochene Zweige können Wurzeln treiben, der Stamm kann sogenannte schlafende Augen neu zum Austreiben bringen und natürlich ist er ein Immergrün. Immergrün hatte eine ganz besondere Stellung im Volksglauben und ihnen wurde eine besondere Vitalität aufgrund dieser Eigenschaft nachgesagt. Aufgrund der enormen Lebenskraft des Wacholders, glaubte man auch, dass unter anderem die Seelen der Verstorbenen bis zu ihrer Wiederkehr bei ihm Unterschlupf fanden. Demzufolge war er auch eine Art Seelenbaum oder „Chindlibaum“ und das damalige Verständnis der Wiedergeburt und der Seelenwanderung scheint durch ihn durch. Doch nicht nur Menschenseelen glaubte man dort verortet auch Feen, Zwerge und Naturgeister meinte man bei ihm zu finden.
Einerseits versprüht er eine intensive Vitalkraft und andererseits wirkt er nicht nur physisch sondern auch psychisch reinigend. Reinigungsräucherungen am Krankenbett wurden oft mit Wacholder durchgeführt, das ging so weit, dass in der Pestzeit in den Dörfern Pestfeuer aus Wacholderholz angezündet wurden. Auch die Kirche bediente sich seiner und trieb allerlei dunkles Gewürm aus dem Geist und der Seele. Bei solchen Kräften erstaunt es nicht, dass ihm auch magische Eigenschaften nachgesagt wurden, sein Holz wurde bspw. für magische Amulette verwendet.
Medizinische Anwendung
Die Wirkstoffe wie ätherische Öle und Harze regen die Nierentätigkeit, den Stoffwechsel, die Verdauung an und entspannen die glatte Muskulatur. Wacholderkuren werden bei Stoffwechselstörungen wie Gicht und rheumatischen Erkrankungen, als innere Reinigungskur bzw. zur Blutreinigung und entsprechend bei chronischer Hautverunreinigung verwendet. Bei Verdauungsschwierigkeiten ist es ein bewährtes Mittel und zur Durchspülungskur der Nieren, bei Nierenstein und Blasenleiden ebenfalls. Wacholder wirkt stärkend auf das Nervensystem und auch bei Husten ist er ein Bewährtes Mittel, da er antiseptisch wirkt.
Nicht eingenommen soll der Wacholder bei Schwangerschaft und Niereninsuffizienz. Neue Untersuchungen konnten die bisherige Meinung „durch die Beeren und das Öl würden die Nieren geschädigt“ nicht bestätigen.
Das Mittel der Schamanen
Für die Räucherung können die Nadeln, das Harz, das Holz oder die Beeren verwendet werden. Damit werden rein physische Wirkungen ausgelöst und natürlich kommen hier auch feinstoffliche Eigenschaften zum Zuge. Als Vital-Baum wurde dem Wacholder Schutzkraft vor den dunklen Mächten zugesagt, deshalb wurden in manchen Gegenden und zu bestimmten Zeiten Wacholderäste über die Tür gehängt, um Unglück und Verderb abzuwehren. Den Germanen war der Wacholder heilig. In den Sagen werden die Wacholder von verschiedenen Naturwesen bewohnt und er gilt als eine Art Tor in die Anders-Welt. Die Feen, Zwerge und Riesen sollen dort ein und ausgehen. Hier tritt eine vermeintliche Dissonanz zu Tage. Einerseits gilt er als Lebensbaum und anderseits als Toten- oder Seelenbaum. Insofern kann man ihn als Welten-Bote bezeichnen. Und tatsächlich finden sich in ethnologischen Aufzeichnungen zu schamanischen Abhandlungen der Wacholder als eine Art Schlüsselpflanze wieder. Darin wird beschrieben, dass die Schamanen ihre Reise erst nach der Räucherung von Wacholder angetreten haben. Im übertragenen Sinne scheint der Wacholder ein guter Schutz-Begleiter oder gar ein Schamanen- Pferdchen für in die Anderswelt zu sein.
Am besten probiert man es aus oder führt eine Baum-Meditation durch.
Eine Schweizer Überlieferung besagt: „Vor de Holdere söll mer de Huet zie und vor em Reckholder s’Chnü biege“ auch hier zeigt sich, dass der Wacholder gleich dem Holunder, im damaligen Volksglauben eine Verbindung zur Anderswelt hatte. Der dreikantige Jungtrieb und die 3 Samen in der „Beere“ gaben ihm den mystischen Bezug zum göttlichen, in unserem Breitengrad zu den Nornen oder den drei Schicksalsgöttinnen. Dem Wacholder wurden wie dem Holunder Bitten und Krankheiten symbolisch dargelegt, damit die Heilung oder der Segen aus der Anders-Welt erfolgen konnte.
Handfest
Die Beeren werden bekanntlich als Gewürz verwendet und allseits bekannt ist das englische Lebenswasser, der Gin. Dieser erhält durch die Beeren den typischen Geschmack.
Der Geschmack von Wacholder ist sehr kräftig und kann jedes andere Aroma übertönen. Deshalb verwenden man die Beeren sparsam. Frisch getrocknete Beeren haben die stärkste Würzkraft. Die Beeren aus Italien sind wesentlich aromatischer als solche aus nördlichen Gefilden. Wacholder harmoniert mit Lorbeer, Knoblauch, Majoran, Thymian, Fenchel, Pfeffer und Senfkörnern.
Beerenmarmelade: Brombeer – Wacholder – Gelee
Für ca. 1 Gläser ca 250 g
125 g Brombeeren
125 g Holunderbeeren
2-3 Wacholderbeeren
Gelierzucker (auf 1 Teile Saft 11/4 Teile Gelierzucker)
1/2 EL Zitronensaft
1 EL Gin